Essstörungen sind im Profisport ein Tabuthema. Biathlete Lena Häcki-Groß ging dennoch mit ihrem Problem an die Öffentlichkeit – mit einem besonderen Hintergedanken.
Essstörungen sind im Profisport an der Tagesordnung. Laut Professor Wilhelm Bloch sind bis zu zwanzig Prozent aller Athleten betroffen. Öffentlich spricht fast niemand darüber. Next den
Enthüllungen von Miriam Neureuther und Kim Bui ist das Thema aber präsent wie nie.
Lena Häcki-Groß machte Ihre Essstörung vor einem Jahr öffentlich – als erste Biathletin überhaupt. Anders als Neureuther ist die Schwiegertochter der deutschen Biathlon-Legende Ricco Groß noch active und kämpft täglich mit den Symptomen.
t-online: Frau Häcki-Groß, wann haben Sie gemerkt, dass Sie eine Essstörung haben?
Lena Häcki-Groß: Relative spät. Ich hatte jahrelang das Gefühl, bei meiner Ernährung einfach nicht konsequent genug zu sein – und mir immer wieder große Vorwürfe gemacht. Deshalb habe ich sehr wenig gegessen und dann regelrechte Fressanfälle bekommen. Das nennt sich Binge Eating und wurde als Essstörung vor etwa zwei Jahren diagnostiziert.
Wie sah die Binge-Eating-Störung bei Ihnen aus?
Ich habe versucht, schnell viel Gewicht zu verlieren und mich dazu gezwungen, tagelang fast gar nichts zu essen. Irgendwann macht der Körper das nicht mehr mit und es kommt zu regelrechten Fressattacken. Ich habe komplett die Kontrolle verloren und einfach alles gegessen, was da war. Manchmal habe ich an einem Abend den kompletten Kühlschrank leergefressen.
Normalen Menschen sieht man das meistens schnell an. Bei Profisportlern ist es anders, denn das intensive Training verhindert, dass man drastisch zunimmt. Mein Gewicht hat extrem geschwankt, teilweise um bis zu fünf Kilogramm pro Monat – und das bei 1,65 Metern Körpergröße. Oft sagt man, das ist wie eine Bulimie, aber ohne sich zu übergeben.
Wie hat sich das im Alltag geäußert?
Aufs Frühstück habe ich meistens verzichtet, bei Mittag- und Abendessen nur halbe Portionen gegessen und während des Trainings ausschließlich Wasser getrunken. So habe ich schnell abgenommen. Allerdings wurde die Trainingsqualität immer schlechter, weil der Körper bei intensiver Belastung förmlich nach Kalorien schreit.